Der Prozess der Neueinstellung von Mitarbeitenden ist für Unternehmen ein entscheidender Schritt, um ihr Team zu erweitern und frischen Wind in die Arbeitsabläufe zu bringen. Doch neben den üblichen Herausforderungen bei der Einstellung von neuen Mitarbeitenden gibt es auch wichtige Aspekte im Bereich des Sozialversicherungsrechts, die Arbeitgeber berücksichtigen müssen. Das korrekte Verständnis und die Anwendung der geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sind von grosser Bedeutung, um sowohl rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen als auch potenzielle Risiken zu vermeiden.
In diesem Artikel möchten wir einen Leitfaden präsentieren, der Arbeitgebern dabei hilft, sich mit den sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit neuen Mitarbeitenden auseinanderzusetzen.
Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter in der Schweiz wohnhaft ist. Wird eine Person aus dem Ausland angestellt, ist im Einzelfall zu beurteilen, in welchem Land die Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind.
Checkliste für die obligatorischen Sozialversicherungen
Personaleintritte finden in jeder Altersklasse statt: Sei es beim Start des Lehrverhältnisses, der Einstellung eines Talentes oder der Aktivierung eines Rentners. Je nach Alter des neuen Teammitgliedes ergeben sich unterschiedliche Eintrittsschwellen bei der Beitragspflicht der obligatorischen Sozialversicherungen. Die untenstehende Tabelle dient dabei als Checkliste.
Bis 31.12. des vollendeten 17. Altersjahres | Ab 1.1. nach vollendetem 17. Altersjahr (1.1. im Jahr, in dem man 18 Jahre alt wird) | Ab 1.1. im Jahr, in dem man 25 Jahre alt wird | Ab Monat nach ordentlicher Pensionierung | Ab Vollendung 70. Altersjahr | |
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AHV/IV/EO | Nein | Ja | Ja | Ja (Freibetrag) | Ja (Freibetrag) |
FAK | Nein | Ja | Ja | Ja (Freibetrag) | Ja (Freibetrag) |
ALV | Nein | Ja | Ja | Nein | Nein |
BVG | Nein | Ja* Risiko | Ja* Risiko + Sparen | Nein (freiwillig) | Nein |
NBU | Ja, ab durchschnittlich 8h/Woche | Ja, ab durchschnittlich 8h/Woche | Ja, ab durchschnittlich 8h/Woche | Ja, ab durchschnittlich 8h/Woche | Ja, ab durchschnittlich 8h/Woche |
BU | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja |
KTG | Ja** | Ja** | Ja** | Ja** (wenn bereits vorher versichert, siehe AVB) | Nein (siehe AVB) |
*Arbeitsvertrag über 3 Monate, Eintrittsschwelle CHF 22'050 erreicht und 18 Jahre bis 64/65 Jahre
**Annahme: Der GAV schreibt eine KTG vor oder es wurde eine freiwillige KTG-Police abgeschlossen, welche alle Mitarbeitenden miteinschliesst. Ansonsten greift die Basler-, Berner oder Zürcher-Skala für die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.
AVB = allgemeine Vertragsbedingungen
Die nachfolgende Tabelle soll mittels beispielhafter Eintritte von neuen Mitarbeitenden die obenstehende Tabelle entsprechend ergänzen:
Beispiel | AHV/IV | EO | ALV | BU | NBU | BVG |
---|---|---|---|---|---|---|
Eine 19-jährige Lehrtochter tritt im August ein und erhält einen Monatslohn von CHF 700 | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja | Ja |
Eine 53-jährige Abteilungsleiterin erhält einen Jahreslohn von CHF 155'000 und arbeitet 42 Stunden pro Woche | Ja | Ja | Ja* | Ja* | Ja* | Ja** |
Ein 68-jähriger Rentner arbeitet jede zweite Woche 12 Stunden. Er erhält einen Monatslohn von CHF 1'350. | Nein*** | Nein | Nein | Ja | Ja | Nein |
Eine Schule engagiert einen Dozenten im Nebenamt. Er erhält ein Honorar von CHF 2'000 pro Jahr | Nein | Nein | Nein | Ja | Nein | Nein |
*bis CHF 148’200
**bis CHF 62’475
***Freibetrag von CHF 1'400 pro Monat bzw. CHF 16'800 im Jahr
Eintritt Mitten im Monat
Ist der Eintritt nicht anfangs Monat, so ist der Lohn anteilsmässig zu entrichten. Um die Mitarbeiter gleich zu behandeln, empfiehlt es sich eine Methode stetig anzuwenden.
Kalendertage-Methode
Am einfachsten und fairsten ist die Berechnung mit Kalendertagen. Bei einem Eintritt am 16. Juni sind 15/30 des Monatslohns, beim Eintritt am 16. Juli sind 16/31 des Monatslohns geschuldet. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass unterschiedliche Tagessätze in unterschiedlichen Monaten anzuwenden sind. So wird beispielsweise ein unbezahlter Urlaub von Mitte Februar bis Mitte März zu einem sehr aufwendigen Sachverhalt für die Lohnbuchhaltung.
30-Tage-Methode
Diese Methode beseitigt den obengenannten Nachteil und normalisiert den Montag auf 30 Tage. Oft werden Kalendertage der Anstellungsdauer / 30 gerechnet. Diese Methode hat je nach Monat Vor- und Nachteile für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber. Für die Berechnung der Mutterschaftsentschädigung ist diese Methode allerdings nicht erlaubt und sie wird in vielen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) ebenfalls ausgeschlossen.
Die swissdec empfiehlt im Zusammenhang mit dem ALV- und UVG-Maximum, mit folgender Formel zu rechnen:
Anzahl Tage = (Austrittsmonat – Eintrittsmonat) x 30 + Austrittstag – Eintrittstag + 1
Ist der Ein- bzw. Austrittstag der 31. des Monats, so ist mit dem 30. Tag zu rechnen. Ebenso im Februar ist am 28. und 29. der 30. Tag einzusetzen.
Um unterschiedliche Berechnungsweisen zu vermeiden, empfiehlt es sich die 30-Tage-Methode zu übernehmen.
Arbeitstage-Methode
Wird im Unternehmen hingegen mit Arbeitstagen gerechnet, so bestehen zwei mögliche Berechnungs-Varianten:
- Gearbeitete Arbeitstage des Monats / tatsächliche Arbeitstage des Monats
- Gearbeitete Arbeitstage des Monats / durchschnittliche Anzahl Arbeitstage eines Monats
Als durchschnittliche Anzahl Arbeitstage pro Monat werden üblicherweise 21.75 Tage angenommen.
(365 Tage – 104 für Samstage und Sonntage) / 12 Monate = 21.75 Arbeitstage pro Monat
Die Arbeitstage-Methode gilt als einfache und faire Methode und wird deshalb in vielen Unternehmen angewendet.
Ferienguthaben pro rata
Bei unterjährigen Eintritten ist das Ferienguthaben pro rata zu ermitteln. Folgende Formel bildet dafür die Basis: Ferienguthaben = Ferienguthaben pro Jahr x (gearbeitete Monate / 12 Monate)
Beispiel
Eintritt am 1. August bei 25 Ferientagen im Jahr:
25 Tage x (5/12) = 10.42 Tage, Rundung auf 10.5 Tage
Vielfach erfolgt die Berechnung auch in Stunden, insbesondere bei Teilzeitmitarbeitenden.
Beispiel
Eintritt am 16. August in einem 80% Pensum bei 25 Ferientagen à 8.4 Stunden:
Eintritt am 16. August entspricht 15/30 zuzüglich 4 volle Monate (4 x 30/30) im Eintrittsjahr 135/360 Anspruch im Eintrittsjahr
25 Tage à 8.4 Stunden zu 80% entsprechen 168 Ferienstunden im vollen Jahr
Im Eintrittsjahr erhält der Mitarbeiter also ein Ferienguthaben von 168 Stunden x (135/360) = 63 Stunden
Familienzulagen
Ein Monat entspricht 30 Tagen. Bei einer Kinderzulage von CHF 200 im Monat beträgt der Ansatz in jedem Monat CHF 6.70 pro Tag, bei einer Ausbildungszulage von CHF 250 CHF 8.35. Die Familienzulagen werden beim Eintritt (gilt auch beim Austritt) immer auf den Kalendertrag genau mit der 30-Tage-Methode ermittelt.
Beispiel
Das Arbeitsverhältnis beginnt am 16. Februar: Der Arbeitgeber bezahlt 15/30. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 21. Juli: Der Arbeitgeber zahlt 10/30 aus.
Meldung an die Sozialversicherungen
Eintretende Mitarbeitende müssen spätestens mit der Lohnmeldung Ende Jahr an die Sozialversicherungen gemeldet werden. Verändert sich die Lohnsumme aber wesentlich, so empfiehlt es sich, die Meldung bereits auf den Eintrittszeitpunkt vorzunehmen. Dann werden die Akontorechnungen entsprechend angepasst und hohe Nachforderungen bei der Schlussabrechnung vermieden.
Eine Ausnahme stellen Mitarbeitende dar, welche Familienzulagen beziehen. Diese sind sowohl bei Ein- und Austritt zu melden, damit die Zulagenentscheide entsprechend angepasst und ausgestellt werden können.
Fazit
Die sozialversicherungsrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit neuen Mitarbeitenden sind für Arbeitgeber von großer Bedeutung. Ein umfassendes Verständnis der geltenden Bestimmungen und die korrekte Anwendung dieser Regeln sind entscheidend, um rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und potenzielle Risiken zu vermeiden. Nicht zuletzt wird damit auch ein reibungsloses Onboarding gewährleistet.
etztendlich ist ein fundiertes Wissen über das Sozialversicherungsrecht und die Bereitschaft, die entsprechenden Verpflichtungen zu erfüllen, von unschätzbarem Wert, um ein stabiles und verantwortungsbewusstes Arbeitsumfeld zu schaffen, Talente zu halten und damit den Erfolg des Unternehmens langfristig zu unterstützen.