An der Volksabstimmung zur Reform AHV 21 hat das Schweizer Stimmvolk der Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zugestimmt. Der Normalsatz steigt damit ab 1. Januar 2024 auf 8.1 %. Dieser Artikel soll als Hilfestellung zur korrekten Umstellung in der eigenen Buchhaltung dienen.
Ab | Normalsatz | Sondersatz | Reduzierter Satz | |
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bisherige MWST-Sätze | 1. Januar 2018 | 7.7% | 3.7% | 2.5% |
Volksabstimmung vom 25. September 2022, Erhöhung z.G. AHV | + 0.4% | + 0.1% | + 0.1% | |
zukünftige MWST-Sätze | 1. Januar 2024 | 8.1% | 3.8% | 2.6% |
Vorbereitungsmassnahmen
Aufgrund der beschlossenen Satzänderung sind mehrere Vorbereitungsmassnahmen angezeigt. So sind optimalerweise noch im Jahr 2023 die IT-Systeme und Vorlagen, sofern Sie den MWST-Satz enthalten, anzupassen. Möglicherweise betroffene Dokumente könnten sein: Buchhaltungs-Vorlagen, Offerten, Verträge, Rechnungen, Auftragsbestätigungen oder dergleichen. Werden ab dem Jahr 2024 weiterhin die alten, tieferen Steuersätze angewendet, kann dies erhebliche Kosten zusammengesetzt aus Nachzahlung der geschuldeten MWST, Verzugszins und allenfalls Bussen verursachen.
Wir empfehlen deshalb, wo immer möglich, in Geschäftsdokumenten nicht den Steuersatz explizit auszuweisen, sondern den Vermerk «zuzüglich gesetzlich geschuldeter MWST» aufzuführen. Das ist in einer Offerte, einer Auftragsbestätigung oder einem Vertrag meist ohne negative Konsequenzen möglich. Im Gegensatz dazu ist in einer Rechnung der MWST-Satz aber explizit auszuweisen, damit diese die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
Grundsatz bei jahresübergreifenden Leistungen
Für den anzuwendenden Steuersatz ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung massgebend und nicht das Datum der Rechnungsstellung oder der Zahlung. Somit ist für Leistungen, die bis und mit 31. Dezember 2023 erbracht werden, der alte Steuersatz (7.7 % als Normalsatz) zu verwenden. Für alle Leistungen, die ab dem 1. Januar 2024 erfolgen, der neue Steuersatz (8.1 % als Normalsatz) anzuwenden.1
Wenn in einer Rechnung Leistungen aus beiden Kalenderjahren enthalten sind, so sind diese zu trennen und der entsprechende MWST-Satz zu verwenden. Um diese Fehlerquelle zu umgehen, bietet es sich an per 31. Dezember 2023 alle offenen Leistungen abzurechnen. So ist sichergestellt, dass der korrekte MWST-Satz angewendet wird und es müssen nicht mehrere Steuersätze ausgewiesen werden.
Ist eine klare Aufteilung der Leistungen nach Kalenderjahr nicht möglich, so sind diese Leistungen einheitlich zum neuen höheren MWST-Satz abzurechnen. Damit wird das Risiko von Nachzahlungen und Verzugszinsen bei einer allfälligen MWST-Revision umgangen.
Beispiel
Die Innenausbau AG (Abrechnungsart vereinbart und effektive Abrechnungsmethode) führt im Zeitraum zwischen dem 11. Dezember 2023 und 30. Januar 2024 Innenausbauarbeiten bei einer Kundin durch. Die Rechnung im Gesamtbetrag von CHF 35'000 wird am 15. Februar 2024 gestellt und durch die Kundin am 5. April 2024 beglichen. Auf der Rechnung sind die Arbeiten bis zum 31. Dezember 2023 im Betrag von CHF 20'000 inklusive 7,7 % MWST und die Arbeiten ab dem 1. Januar 2024 im Betrag von CHF 15'000 inklusive 8,1 % MWST auszuweisen. Die am 15. Februar 2024 in Rechnung gestellten Leistungen und die darauf geschuldete Steuer sind gegenüber der ESTV im 1. Quartal 2024 abzurechnen.2
Vorauszahlungen
Eine vergleichbare Problemstellung ergibt sich bei Vorauszahlungen für Leistungen, welche noch nicht erbracht worden sind. Sollte zum Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits bekannt sein, dass die Leistung ganz oder teilweise im Kalenderjahr 2024 erfolgt, so ist auf der Rechnung bereits der neue Steuersatz für die ab dem 1. Januar 2024 erbrachte Leistung aufzuführen. Im Zweifel empfehlen wir den vollständigen Rechnungsbetrag mit dem höheren Steuersatz abzurechnen.
Periodische Leistungen und Abonnements
Für Abos oder Service- und Wartungsverträge, die über den 31. Dezember 2023 hinaus gültig sind, hat eine Aufteilung des Entgelts «pro rata temporis» zu erfolgen. Wenn der Leistungserbringer zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht bestimmen kann, wann die Leistungsbezüge erfolgen (z.B. Verkauf von Mehrfachkarten), dann ist auf das Verkaufsdatum abzustellen.
Entgeltsminderungen / Umsatzgutschriften / Retouren
Im Falle von Entgeltsminderungen (Rabatte, Skonti, Mängelrügen, Verluste), Umsatzgutschriften (Jahresbonifikationen, Rabattvergütungen) sowie Retouren und Rückgängigmachung von Leistungen, die mit Leistungen vor dem 1. Januar 2024 in Verbindung stehen, sind die alten bis zum 31. Dezember 2023 gültigen MWST-Sätze anwendbar.
Dauerverträge
Erstreckt sich der Zeitraum der Leistung einer Rate über den 31. Dezember 2023, ist eine Aufteilung pro rata temporis auf bisherige und neue Steuersätze vorzunehmen.
Es empfiehlt sich, bei Dauerverträgen (z.B. Mietverträge, langfristige Dienstleistungsverträge, usw.) über das Jahresende gegenüber dem Leistungsempfänger eine schriftliche Anpassung bezüglich der ab 1. Januar 2024 gültigen Steuersätze vorzunehmen.
Bauleistungen
Bei Bauleistungen ist der Zeitpunkt der Arbeitsausführung vor Ort massgebend (Montage etc.). Aufträge in Arbeit per 31. Dezember 2023 sind mit einem detaillierten Situationsetat oder Teilzahlungsgesuch (Zwischenrechnung) abzugrenzen. Alle im neuen Kalenderjahr erbrachten Leistungen unterliegen dem neuen Steuersatz.
Gastronomie und Hotellerie
In der Hotellerie und im Gastgewerbe müssen Beherbergungen und Konsumationen in der Silvesternacht zu den alten Sätzen abrechnet werden. Dies gilt auch bei Pauschalarrangements über die Neujahrstage, die anteilsmässig aufzuteilen oder gänzlich zu den neuen höheren Sätzen zu versteuern sind. Da der Kunde als Privatperson, aber nicht vom Vorsteuerabzug profitieren kann, ist eine Aufteilung des Entgelts «pro rata temporis» empfehlenswert.
Bezugssteuer
Bei Leistungen, welche der Bezugsteuer unterliegen (Art. 45 MWSTG), ist einzig der Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) des Leistungsbezugs massgebend dafür, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Das Datum der Zahlung oder Rechnung ist nicht massgebend.
Werden Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung (bzw. des Zeitraumes ihres Bezugs) sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, auf derselben Rechnung aufgeführt, sind das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen
Saldo- und Pauschalsteuersätze
Die Steuersatzerhöhung hat auch Auswirkungen auf die Saldosteuersätze (SSS) und Pauschalsteuersätze (PSS). So werden einerseits die Steuersätze angepasst und andererseits die Umsatz- und Steuerzahllastlimiten für die Anwendung angehoben.
Ab 1. Januar 2024 gelten folgende Saldo- und Pauschalsteuerstätze:
Saldo- und Pauschalsteuersätze bis 31. Dezember 2023 | Saldo- und Pauschalsteuersätze ab 1. Januar 2024 |
---|---|
0.1% | 0.1% |
0.6% | 0.6% |
1.2% | 1.3% |
2.0% | 2.1% |
2.8% | 3.0% |
3.5% | 3.7% |
4.3% | 4.5% |
5.1% | 5.3% |
5.9% | 6.2% |
6.5% | 6.8% |
Diese Änderungen der SSS und PSS berechtigen nicht zu einem vorzeitigen Wechsel zur effektiven Abrechnungsmethode. Ein Wechsel von der effektiven zur Saldo- bzw. Pauschalsteuersatzmethode kann nur erfolgen, wenn die Wartefrist gemäss Art. 37 Abs. 4 MWSTG bzw. Art. 98 Abs. 2 MWSTV abgelaufen ist.
Um der neuen Situation Rechnung zu tragen, erhöht die ESTV die Grenzen für die Anwendung der Saldosteuersatzmethode bei Umsatz und Steuerzahllast wie folgt:
Bis 31. Dezember 2023 | Neu ab 1. Januar 2024 | |
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Umsatzgrenze für die Anwendung der Saldosteuersatzmethode: | CHF 5'005'000 | CHF 5'024'000 |
Steuerzahllast für die Anwendung der Saldosteuersatzmethode: | CHF 103'000 | CHF 108'000 |
Fazit
Die Auswirkungen der Reform AHV 21 auf die Mehrwertsteuer sind nicht als erheblich zu beurteilen. Das Prozedere ist für viele Unternehmen aus früheren Steuersatzänderungen bekannt. Im Gegensatz zur letzten Satzänderung per 1. Januar 2018 werden nun die MWST-Sätze wieder erhöht. Für Unternehmen liegt dabei das Hauptrisiko darin, dass auf ihren Rechnungen zu tiefe MWST-Beträge ausgewiesen und vereinnahmt werden. Passieren hier Fehler, so können diese aufgrund von Nachzahlungen, Verzugszinsen sowie allfälligen Bussen teuer zu stehen kommen.
Als Hilfestellung in der Übergangszeit bietet die ESTV eine Deklarationsanleitung an. Gerne stehen auch wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Auf jeden Fall raten wir, wenn immer möglich, offene Leistungen noch im alten Jahr zu fakturieren. Damit umgehen Sie die meisten Fehlerquellen proaktiv.
Fussnoten
1 Art. 115 Abs. 1 MWSTG
2 MWST-Info 19 Ziff. 2.1