Non-Profit-Organisationen (NPO) stehen in der Rechnungslegung vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum geht erhaltene Zuwendungen korrekt und transparent in der Jahresrechnung offenzulegen. Der Standard Swiss GAAP FER 21 und die ZEWO-Standards haben hier Vorgaben definiert, welche sich mittlerweile in der Praxis auch bei NPO, die ihre Jahresrechnung nur nach Obligationenrecht erstellen, durchgesetzt haben.
Will eine NPO das Gütesiegel der Zewo tragen, prüft die Zewo, ob die NPO ihre 21 Standards erfüllt. Die Organisation muss demnach ihre Jahresrechnung nach dem Rechnungslegungsstandard Swiss GAAP FER erstellen und wendet Swiss GAAP FER 21 –Rechnungslegung für gemeinnützige Non-Profit-Organisationen – an (vgl. Zewo-Standard 13.2). Auch die öffentliche Hand verknüpft die Mittelvergabe an NPO oft mit der Bedingung, Swiss GAAP FER 21 anzuwenden. Und Stiftungen generell, auch wenn sie FER 21 nicht anwenden, stehen vor der Problematik, dass sie Mittel erhalten (in Form von Spenden, Zuwendungen, Gönnerbeiträge, Legate, usw.), die an einen vom Spendenden bestimmten Verwendungszweck gebunden sind. In allen erwähnten Fällen kann die Organisation normalerweise über diese Mittel nicht frei verfügen. Ebenso sind die Mittel im Gegensatz zu Fremdkapital nicht für einen bestimmten Zeitraum überlassen und danach rückzahlbar, sondern treuhänderisch zur zweckgebundenen Verwendung übertragen.
Wann sind Spenden zweckgebunden?
Eine Zuwendung ist explizit zweckgebunden, wenn der Spender einen bestimmten Verwendungszweck vorgibt. Dies kann bspw. im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung, im Testament oder durch Angabe eines Verwendungszwecks bei der Überweisung erfolgen.
Eine Zuwendung ist implizit zweckgebunden, wenn der Zuwender von der Organisation um Unterstützung für eine bestimme Leistung, ein Tätigkeitsgebiet, Projekt etc. gebeten wird und daher davon ausgehen kann bzw. muss, dass seine Zuwendung dafür verwendet wird (FER 21/33). Dies ist in der Regel bei den (meist projektbezogenen) Gesuchen an institutionelle Geldgeber der Fall. Aber auch spezifische themen- oder projektbezogene Sammelaktionen in der breiten Öffentlichkeit (z.B. Spenden-Mailings), die zu kleinen Einzelbeträgen führen, stellen zweckgebundene Zuwendungen dar.1
Ausweis in der Jahresrechnung von zweckgebundenen Fonds
Zweckgebundene Fonds lassen sich als von Dritten erhaltene Mittel definieren, welche mit einem klar bestimmten und die Verwendung einschränkenden Zweck an eine NPO übergeben und von dieser verwaltet werden.2
Der Ausweis dieser Mittel erfolgt in der Position Fondskapital, die charakteristisch zwischen dem Fremd- und dem Organisationskapital (Eigenkapital) einzuordnen und deshalb in der Bilanz dort darzustellen ist (vgl. Swiss GAAP FER 21/7). Der bilanzierte Bestand des Fondskapitals am Ende einer Berichtsperiode zeigt die noch nicht ausgegebenen Gelder, die für einen bestimmten Zweck vereinnahmt wurden.
Davon zu unterscheiden sind freie Mittel, denen die Organisation selbst einen Verwendungszweck auferlegt. Diese sind als gebundenes Kapital innerhalb des Organisationskapitals (Eigenkapital) auszuweisen (vgl. Swiss GAAP FER 21/35).
Da das Obligationenrecht die Position Fondskapital nicht kennt, stellt sich die Frage nach dem korrekten Ausweis in der statutarischen Jahresrechnungen. In der Praxis durchgesetzt haben sich dabei drei Varianten:
- als gleichberechtigte Position innerhalb des Fremdkapitals (Bilanzposition "Fremdkapital und Fondskapital" oder "Fremdkapital", jeweils mit eigenem Subtotal zusätzlich zu kurz- und langfristigem Fremdkapital)
- als integraler Bestandteil des Fremdkapitals (Bilanzposition "Fremdkapital", jeweils als separat erwähnter Teil der beiden Subtotale kurz- und langfristiges Fremdkapital)
- als eigene, neutrale Position zwischen Fremdkapital und Eigenkapital (Bilanzposition "Fondskapital", nach FER 21/7)
Mit der letzten Variante wird allerdings die aus OR-Sicht zentrale Zweiteilung in Fremd- und Eigenkapital durchbrochen und die Klarheit der Rechnungslegung im Vergleich zu den übrigen möglichen Varianten reduziert (Art. 957a Abs. 2 Ziff. 3 OR). Im Hinblick auf Kapitalschutzmassnahmen im Falle einer begründeten Besorgnis einer Überschuldung (Art. 84a ZGB bzw. Art. 725 OR) ist das Fondskapital unabhängig der Gliederung in jedem Fall als Fremdkapital zu betrachten.
Verbuchung von zweckgebundenen Zuwendungen
Bei der Verbuchung von Zuwendungen ist das Bruttoprinzip von zentraler Bedeutung. Die Geldeingänge werden dabei folgendermassen erfasst:
Flüssige Mittel / Erhaltene Zuwendungen (Ertragskonto)
Es empfiehlt sich dabei zwei verschiedene Ertragskonten für zweckgebundene und freie Zuwendungen zu führen, um die Offenlegungsvorschriften gem. Swiss GAAP FER 21/13 ohne grossen Zusatzaufwand einhalten zu können.
Die Fondszuweisung erfolgt grundsätzlich brutto, also in vollem Umfang der Zuwendung über die Betriebsrechnungsposition «Veränderung des Fondskapitals»:
Fondszuweisung (Aufwandkonto) / Fondskapital (Passivkonto)
Für jeden Fonds bzw. für jede Zweckbindung ist dabei ein einzelnes Fondskonto im Fondskapital zu führen.
Fallen Projektaufwendungen im Sinne des Spenders an, so werden diese analog anderen Aufwendungen bezahlt oder über die Kreditorenbuchhaltung erfasst:
Projektaufwand / Flüssige Mittel
Das gemäss Fondsreglement befugte Leitungsgremium (üblicherweise der Stiftungsrat) darf nun im Umfang des angefallenen Projektaufwandes eine Fondsentnahme beschliessen, welche wiederum in der Betriebsrechnungsposition «Veränderung des Fondskapitals» auszuweisen ist:
Fondskapital (Passivkonto) / Fondsentnahme (Ertragskonto)
Die Fondszuweisungen und -entnahmen werden üblicherweise einmal jährlich bei Erstellung der Jahresrechnung in Summe aber für jeden Fonds einzeln beschlossen und protokolliert.
Unter NPO, welche die Jahresrechnung nach Obligationenrecht erstellen, ist verbreitet, dass die Veränderungen des Fondskapitals pro Fonds nur netto offengelegt werden. Es werden also nur die pro Geschäftsjahr erzielten Überschüsse aus erhaltenen Zuwendungen abzüglich der bereits verwendeten Mittel dem Fondskapital zugewiesen (bzw. Defizite dem Fondskapital entnommen). Diese Bilanzierung führt netto zum selben Ergebnis und sieht auf den ersten Blick einfacher aus. Ohne detaillierte Kostenstellenauswertungen gelingt es aber nur wenigen Organisationen die zweckgebundene Verwendung sauber nachzuweisen. Für FER-21-Anwender ist diese Buchungspraxis meist nicht empfehlenswert, da sie den Bruttoausweis von Zuweisungen und Entnahmen in der «Rechnung über die Veränderung des Kapitals» erheblich erschwert (vgl. Swiss GAAP FER 21/17). Der Netto-Ausweis in der Betriebsrechnung ist aber auch nach Swiss GAAP FER 21 zulässig.
Hervorzuheben an dieser Stelle sei, dass das Bruttoprinzip auch beim Fundraising einzuhalten ist, weil der Aufwand für die Mittelbeschaffung eine wichtige Kennzahl für die Beurteilung von gemeinnützigen Spenden sammelnde Organisationen ist. Es bedeutet, dass sämtliche diesbezügliche Aufwendungen brutto im Betriebsaufwand auszuweisen sind. Eine Verrechnung des Aufwands für (gewisse) Sammelaktionen mit entsprechenden Erträgen ist nicht zulässig (vgl. Swiss GAAP FER 21/14).
In der Praxis ist insbesondere in den folgenden Fällen darauf zu achten, dass das Bruttoprinzip eingehalten ist3:
- Externe Dienstleister werden für die Durchführung von Sammelaktionen beauftragt. Falls der Dienstleister zusätzlich eine Vorfinanzierung der Kosten übernimmt, sind die vollständigen Kosten für die in der Berichtsperiode durchgeführten Aktionen im Aufwand zu erfassen;
- bei der Veranstaltung von Spendengalas, Charity Events o.ä. durch die Organisation;
- beim Verkauf von Merchandising-Artikeln.
Konsequenzen der Fondsverbuchung
Die Logik der Fondsverbuchung konkurriert mit dem Grundsatz der zeitlichen Abgrenzung, welche im Swiss GAAP FER Rahmenkonzept vorgeschrieben ist. In der FER-21-Praxis hat sich aber die oben beschriebene am Geldfluss orientierte Sicht durchgesetzt.
Die Periodengerechtigkeit wird auf Stufe Jahresergebnis auch unter Swiss GAAP FER 21 erreicht, da eine allfällige Abgrenzung über eine Schleife in der Betriebsrechnung erfolgt. Auch wenn mit der Darstellung der Veränderungen der zweckgebundenen Fonds für die Bilanzlesenden Transparenz besteht, wird aufgrund dieser Verbuchung nach Zahlungseingang ein Spendenertrag ausgewiesen, der nicht der Berichtsperiode zuzurechnen wäre.4 Als Folge davon fliessen in den folgenden Berichtsperioden die entsprechenden Aufwendungen in das Betriebsergebnis ein, während der abgegrenzte Spendenertrag erst über die Veränderung der zweckgebundenen Fonds in der Betriebsrechnung Berücksichtigung findet. Auch wenn das Betriebsergebnis und darauf basierenden Kennzahlen bei NPO weniger Bedeutung haben, kommt es auf dieser Stufe der Betriebsrechnung über die Zeit zu Verzerrungen.5
Sonderfälle: Selbstauferlegte Zweckbestimmung und freie Mittel
Legt sich die Organisation selbst einen Verwendungszweck für ansonsten freie Mittel auf, so sind diese als gebundenes Kapital im Organisationskapital auszuweisen (vgl. Swiss GAAP FER 21/35). Die Erfassung in der Buchhaltung erfolgt analog Fondsverbuchung für zweckgebundene Zuwendungen, allerdings ist das Fondskonto im gebundenen Kapital anzugliedern.
Freie Mittel können aus Gewinnen aus der operativen Tätigkeit oder aus freien, zweckungebundenen Zuwendungen entstehen.
Der ZEWO-Standard 18.3 verlangt: « […] Will eine Organisation über die gesammelten Spendengelder frei im Rahmen des Organisationszwecks verfügen können, muss dies aus dem Sammlungsaufruf erkennbar sein.»
Als frei verfügbar im Rahmen des Organisationszwecks gelten Spendengelder, wenn aus dem Sammlungsaufruf implizit klar hervorgeht oder darin explizit darauf hingewiesen wird, dass die Organisation die Mittel frei verwenden kann. Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den der Sammlungsaufruf beim typischen Adressaten erweckt. Enthält ein Sammelaufruf lediglich Beispiele für die Spendenverwendung, muss klar hervorgehen, dass mit dem betreffenden Aufruf die gesamte Tätigkeit der Organisation und nicht das als Beispiel aufgeführte Projekt unterstützt wird. Falls dies mit einem expliziten Hinweis auf die freie Verwendung erfolgt, muss dieser klar erkennbar sein.
Spendenaufrufe, in denen ausschliesslich ein Themengebiet, ein Programm oder ein Projekt der Organisation beschrieben wird, sind als zweckgebunden zu beurteilen.
Fazit
Die in der Praxis übliche und am Geldfluss orientierte Methode der Fondsverbuchung nach FER 21 führt wie erwähnt zu einem teilweisen Durchbruch des Prinzips der zeitlichen Abgrenzung.
Ein Blick in die Entstehungsgeschichte von Swiss GAAP FER 21 zeigt, dass diese Interpretation anlässlich einer Überarbeitung des Standards durch eine allgemeinere Formulierung der Ziffer FER 21/5 entstanden ist. Der Standardsetter hat dabei aber nie bezweckt, die im Rahmenkonzept verankerte, zeitliche Abgrenzung ausser Kraft zu setzten.6
Neben dem Wortlaut von FER 21/5 gibt es aber auch weitere Gründe, die für diese Methodik sprechen: Usanz und Zuverlässigkeit der Schätzung des Betrages.
In Verhältnissen, in denen der Spender der Organisation einen Verwendungszweck auferlegt, hat diese Methodik zudem den Vorteil, dass der Spender in der Jahresrechnung nachvollziehen kann, dass seine Zuwendung vollständig zweckgebunden verwendet werden wird. Er, oder im Falle seines Ablebens seine Erben, sehen die geleistete Zahlung als Fondszuweisung brutto in der Rechnung über die Veränderung des Kapitals.
Wichtig zu erwähnen, scheint abschliessend, dass es bei Zuwendungen der öffentlichen Hand zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Swiss GAAP FER 21 und Swiss GAAP FER 28 kommen kann. Nur wenn eine gemeinnützige NPO FER 21 anwendet, darf sie die Zuwendungen der öffentlichen Hand gem. Swiss GAAP FER 21 bilanzieren. Alle anderen Anwender der Swiss GAAP FER müssen solche Zuwendungen nach FER 28 bilanzieren .
Fussnoten
1 Expert Suisse (2016): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Rechnungslegung und Prüfung von Jahresrechnungen nach Swiss GAAP FER 21 bei Organisationen mit ZEWO-Gütesiegel, S. 8
2 Vgl. Müller, Kaspar: FER 21 – Rechnungslegung für gemeinnützige, soziale Non-Profit-Organisationen, in: Der Schweizer Treuhänder, 6-7/02, S. 548
3 Vgl. Expert Suisse (2016), S. 9
4 Annahme die Spendenerträge sind in der Berichtsperiode grösser als die projektbezogenen Aufwendungen.
5 Vgl. Eberle, Petry (2022): Anwendung von Swiss GAAP FER 28 Bei Swiss-GAAP-FER-21-Abschlüssen, in: Expert Focus Juni 2022, S. 214
6 Vgl. Eberle, Petry (2022), Fussnote 5